PRESSEMITTEILUNG Mündliche Verhandlung vor dem Arbeitsgericht Berlin über Mobbing-Klage einer Betriebsrätin gegen die Allianz am Dienstag, den 27.08.2019 um 10:45

Am Dienstag kommender Woche, dem 27.08.2019, findet  die streitige Verhandlung vor der 34. Kammer des Arbeitsgerichts Berlin statt.

Ort: Arbeitsgericht Berlin,

Magdeburger Platz 1, 10785 Berlin

Zeit: 27.08.2019, 10:45

Raum 209

Bereits im Juni 2015 hatte ich für die frühere  Betriebsrätin Elke St., Leiterin einer Verkaufsregion der Allianz Beratungs- und VertriebsAG Klage wegen Schadensersatz und Entschädigung wegen Mobbings durch Vorgesetzte, sowie Entschädigung nach dem Allgemeinen Gleichstellungsgesetz (AGG) beim Arbeitsgericht eingereicht und insbesondere beantragt, der Klägerin ein Schmerzensgeld wegen Mobbings zu zahlen. Die Mandantin war, wie einige ihrer Kollegen, insbesondere im Zusammenhang mit der Umstrukturierung bei dem Allianzkonzern nach entsprechenden Vorgaben von McKinsey systematisch von mehreren Vorgesetzten jahrelang in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt worden. Die Klägerin ist seit 1994 bei der Beklagten tätig und mehrfach für besonders herausragende Leistungen und Folge ausgezeichnet.

Sie wurde systematischen Einschüchterungen und Anfeindungen, Erniedrigungen, Beleidigungen und Entwürdigungen ausgesetzt, die letztlich zu einer schwerwiegenden Gesundheitsschädigung führten.

Dies stellt auch einen Verstoß gegen das Soziale Menschenrecht auf Arbeit im Sinne des UN-Sozialpaktes von 1966 dar, der nach der Rechtsprechung des zuständigen UN-Ausschusses auch einen diskriminierungsfreien Zugang zur Arbeit gewährleistet.

Nach der ergebnislosen Güteverhandlung im Juli 2015 sah sich die Klägerin zunächst auch aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage, das streitige Verfahren vor Gericht weiterzuführen, so dass dieses zum Ruhen gebracht wurde. Stattdessen versuchte ich in ihrem Auftrage in außergerichtlichen Verhandlungen mit dem Vorstand der Allianz eine Entschädigungszahlung zu vereinbaren.

Diese Versuche scheiterten, so dass die Mandantin, die zwischenzeitlich den Vorruhestand in Anspruch genommen hatte, beschloss, die Klage weiterzuführen, nachdem sie sich hierzu auch gesundheitlich in der Lage sah.

(Zum Hintergrund siehe unten)

EBERHARD SCHULTZ, Rechtsanwalt

Berlin den 23.08.2019

 

Zum Hintergrund:

Nach der Wiederaufnahme des Verfahrens durch die Mandantin hat die Allianz sämtliche Vorwürfe bestritten. Deshalb mussten wir diese alle in umfangreichen Schriftsätzen detailliert darlegen, die entsprechenden Dokumente anfügen und Zeugen benennen.

Für besonders gravierend halte ich den nachweisbaren Versuch zu verhindern, dass die als engagiert und kritisch bekannte Mandantin zur Betriebsrätin gewählt wird, sowie später nach ihrer Wahl zu versuchen, sie in einem Bereich zu versetzen, in dem sie ihr Betriebsratsamt nicht hätte weiter führen können; oder mehrfache Versuche, sie daran zu hindern, bei Personalgesprächen mit Vorgesetzen Vertreter des Betriebsrates hinzuzuziehen bis hin zu den auf die Klägerin gemünzte Äußerungen eines Vorgesetzen, er bekomme jeden innerhalb von fünf Monate aus dem Betrieb raus.

Die Vertreter der Allianz werden dies kaum ernsthaft bestreiten können, zumal sie sich in offensichtliche Widersprüche verstrickt haben: so wird vollmundig behauptet, Mobbing gäbe es bei der Allianz nicht. Wir konnten aber das Schreiben eines Vorgesetzten vorlegen, in dem dieser im Falle eines anderen Mitarbeiters eingeräumt hat, dass es bei der Allianz Schikanen und Ehrverletzungen gegeben hatte und schrieb „wir gehen davon aus, dass es zu denen von Ihnen beschriebenen schikanösen und ehrverletzenden Maßnahmen in Zukunft nicht mehr kommen wird“.

Außerdem sind inzwischen weitere Mobbingverfahren anderer Arbeitnehmer aus anderen Bereichen der Allianz bekannt geworden, über die u.a. die FAZ und die Wirtschaftswoche ausführlich und kritisch berichtet haben, die ja nicht gerade für eine negative Einstellung gegenüber dem Allianzkonzern bekannt sind. Besonders putzig ist in dem Zusammenhang das Argument der Allianz, von einem Mobbing der Mandantin könne schon deshalb keine Rede sein, wenn, wie wir vortragen, es ähnliche Vorgänge auch bei anderen Arbeitnehmern gegeben habe!?

In dem Parallelverfahren wegen Mobbings eines anderen Mitarbeiters der Allianz aus dem gleichen Bereich (über die ich im Oktober 2018 und im April 2019 berichtet habe) gab es inzwischen zwei Urteile. Die Mobbingklage wurde abgewiesen mit einer schwer nachvollziehbaren Begründung: der Vortrag des Außendienstangestellten über das systematische Mobbing durch Vorgesetzte reiche nicht aus, da dies im Rahmen der Umstrukturierung erfolgt sei und es in dem Zusammenhang erfahrungsgemäß zu Konflikten komme; das Gericht gesteht zwar zu, dass insbesondere durch einen Vorgesetzten von einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts auszugehen sei, dies könne zwar Mobbing sein, es erscheine aber ebenso möglich, dass der Kläger „jeweils in konkreten Einzelfällen mit einem oder mehreren Vorgesetzten in Konflikt geraten ist, ohne dass zwischen diesen Vorfällen ein Zusammenhang bestanden hat“. Dies reiche aber bei Mobbingklagen nicht aus, da der Kläger für den Maßgeblichen Sachverhalt darlegungs- und beweispflichtig sei. Diese unzutreffende Bewertung ist außerdem eine unzulässige Überraschungsentscheidung, da das Gericht es versäumt hat, den Kläger vorher auf diesen Gesichtspunkt hinzuweisen und ihm Gelegenheit zu geben, dazu Stellung zu nehmen. Gegen das Urteil habe ich Berufung eingelegt.

Über die gleichzeitig verhandelte Kündigungsschutzklage gegen den gleichen Arbeitnehmer wegen einer fristlosen Kündigung wurde dagegen im Sinne unserer Klage entschieden. Die Kündigung war insbesondere darauf gestützt worden, dass der Kläger die Mobbingklage eingereicht und sich auch noch erdreistet habe, an den Vorstand des FC Bayern zu schreiben, der bekanntlich mit dem Allianzkonzern eng verbunden ist. Gegen dieses Urteil hat die Allianz Berufung eingelegt.

Die Berufungen müssen jetzt begründet werden, ein Termin über die Berufungsverhandlung ist noch nicht absehbar.

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