Pressemitteilung – Drohende Bestrafung des bekannten Friedensaktivisten H. Bücker

Drohende Bestrafung des bekannten Friedensaktivisten H. Bücker wäre ein Verstoß gegen Grund – und Menschenrechte und ein gefährlicher Präzedenzfall zur Kriminalisierung der Friedensbewegung

Hauptverhandlungstermin Amtsgericht Tiergarten am 27.4.2023.

Als Verteidiger des bekannten Friedensaktivisten Heinrich Bücker vom Coop Anti-War Café Berlin werden wir der drohenden Bestrafung unseres Mandanten entschieden entgegen treten.

Aufgrund der Strafanzeige eines uns nicht näher bekannten Berliner Rechtsanwalts gegen ihn hatte die politische Abteilung der Berliner Staatsanwaltschaft nach Ermittlungen des Landeskriminalamts beim Berliner Amtsgericht Tiergarten am 9.1.2023 einen Strafbefehl erwirkt. Mit diesem wurde gegen ihn wegen der Belohnung und Billigung von Straftaten gemäß § 140 Nr. 2 Strafgesetzbuch eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen festgesetzt.

Ihm wird im Kern vorgeworfen, sich nicht von Putins Angriffskrieg distanziert zu haben und diesen gar gutzuheißen. Hiergegen haben wir Einspruch eingelegt und diesen ausführlich in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht begründet.

Mit seinem Redebeitrag hatte der Mandant im Juni 2022, am Jahrestag des Überfalls Hitler-Deutschlands auf die Sowjetunion, in Erinnerung gerufen, dass diesem verbrecherischen Krieg alleine 27 Millionen Bürger der Sowjetunion, die Mehrheit Zivilisten, zum Opfer gefallen sind und weiter darauf hingewiesen, dass allein in der Ukraine mehr als 1,5 Millionen Juden unter den Opfern waren. Unter der Überschrift »Wir vergessen nicht!« hatte er dazu aufgerufen, diese »schmerzliche und beschämende Erinnerung an den so ungeheuerlichen und grausamen Vernichtungskrieg, den das faschistische Deutschland der gesamten Sowjetunion – vor allem der ukrainischen, der belorussischen und der russischen Republik angetan hat« wach zu halten. Ferner gehe es »um das ehrende Gedenken der Befreiung Europas und auch Deutschlands vom Faschismus, die wir den Völkern der UdSSR verdanken, einschließlich der daraus erwachsenen Verpflichtung, für eine gedeihliche, vernünftige und friedliche Nachbarschaft mit Russland in Europa einzustehen. Damit verbinde ich Russland verstehen […]«.

Unsere Argumentation in Stichworten:

– Es bestehen jedenfalls erhebliche Zweifel am Vorliegen einer Tathandlung, weil schon kein Bezug zur Einordnung des Krieges hergestellt wird. Dabei ermangelt es an der erforderlichen Berücksichtigung des Kontextes der Äußerungen;

– Nach der Rechtsprechung liegt eine strafbare Billigung nur vor, wenn die Zustimmung zur Tat im Vordergrund steht, woran es erkennbar fehlt;

– Richtiger Ansicht nach gibt es auch keine Pflicht zur Distanzierung von Inhalten, die nicht Gegenstand der Äußerung sind;

– Eine Störung des öffentlichen Friedens kann erst recht nicht angenommen werden, entspricht der Inhalt der Rede doch nicht nur den völkerrechtlich verpflichtenden Vereinbarungen der vier Mächte anlässlich der Wiedervereinigung zum Sonderstatus Berlins und dem Erhalt des sowjetischen Ehrenmals, sondern auch den Erklärungen der Berliner Friedensbewegung am sowjetischen Ehrenmal. Sollte unser Mandant verurteilt werden, wäre dies nicht nur eine schwerwiegende Verletzung von wichtigen Grund – und Freiheitsrechten, insbesondere dem Recht auf Meinungsfreiheit und Pressefreiheit, sondern würde sich einreihen in eine weitere Kriminalisierung angeblicher Feinde unserer Demokratie und „westlichen Wertegemeinschaft“.

Dies beobachten nicht nur wir mit Sorge; wäre sie doch eine brandgefährliche weitere Entwicklung des Feindstrafrechts wie der weitere Ausbau von bis vor kurzem undenkbaren Maßnahmen im Polizei und Versammlungsrecht.

Berlin, den 19.04.2023

Tobias Florian Krenzel, Rechtsanwalt.

H. – Eberhard Schultz, Rechtsanwalt.

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