Azize Tank gegen NPD

Das Landgericht Berlin weist den Widerspruch des NPD-»Heimführungsbeauftragten« gegen die Einstweilige Verfügung des Gerichts zurück, das ihm verboten hatte, die Wahlkandidatin Azize Tank als »Migrantin« zur »Ausreise« oder zum »Heimflug« aufzufordern.

Mit Urteil vom heutigen Tage hat die 27. Zivilkammer des Landgerichts Berlin aufgrund einer kurzen mündlichen Verhandlung den Widerspruch des NPD-„Heimführungsbeauftragten“ gegen die am 08.10.2013 erlassene einstweilige Verfügung gegen den NPD-Funktionär zurückgewiesen. In der mündlichen Verhandlung hatte der Vorsitzende der Kammer den entscheidenden Punkt so zusammengefasst: Durch das persönliche Anschreiben an die damalige Kandidatin zur Bundestageswahl Azize Tank sei die Grenze des Persönlichkeitsrechts weit überschritten – in bewusster Abgrenzung zu einer früheren anders lautenden Entscheidung des Kammergerichts zu NPD-Flugblättern im Wahlkampf.

Die Antragstellerin persönlich erklärte, nachdem der Verfahrensbevollmächtigte der NPD versucht hatte, das Ganze als bloße Meinungsäußerung im Wahlkampf herunterzuspielen: „Ich fühle mich persönlich beleidigt und bedroht, wenn ich von einem so genannten Heimführungsbeauftragten zur »freiwilligen Ausreise« aufgefordert werde, um nicht »transportiert (zu) werden. Obwohl ich bereits länger hier in Deutschland lebe, als im Lande meiner Geburt, werde ich immer noch als Fremde und Ausländerin ausgegrenzt. Ich begrüße die klare Haltung des Gerichts. Denn es geht nicht nur um mich, die Toten mahnen uns: »Wehret den Anfängen!«.

Im Termin ist für die Verfügungsklägerin Azize Tank zusätzlich auch Jutta Hermanns auftgetreten, die als Rechtsanwältin den Türkischen Bund Berlin- Brandenburg (TBB) erfolgreich gegen die Bundesrepublik Deutschland im Verfahren vor dem UN-Antirassismus-Ausschuss um die Einstellung des Ermittlungsverfahrens gegen Dr. Sarrazin vertreten hatte. Sie hat auch eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshof (EGMR) für Menschenrechte eingeführt, mit dem ein Urteil eines belgischen Strafgerichts zu einer Bewährungsstrafe, 250 Stunden gemeinnütziger Arbeit und die Aussetzung des passiven Wahlrechts für zehn Jahre wegen eines Flugblatts mit fremdenfeindlichen rassistischen Inhalts bestätigt worden war Der EGMR hat in der Begründung seiner Entscheidung den hohen Rang der Meinungsfreiheit gerade im Wahlkampf des verurteilten Angeklagten betont, gleichzeitig aber unterstrichen, dass dies seine Verantwortlichkeit nicht mindert:„Die Anstiftung zum Ausschluss von „Ausländern“ stellt eine grundlegende Verletzung der Persönlichkeitsrechte dar und rechtfertigt somit spezifische Vorsichtsmaßnahmen auch bei Politikern“ – gerade im Wahlkampf sei „der Einfluss rassistischer und fremdenfeindlicher Aussagen … noch schädlicher“

Damit sind die Anordnungen des Landgerichts im Beschluss vom 08.10.2013 bestätigt: „Dem Antragsgegner wird bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, verboten, a) die Antragstellerin als „Heimführungsbeauftragter“ der NPD zur Ausreise oder zum „Heimflug“ aufzufordern; b) wörtlich oder sinngemäß in Bezug auf die Antragstellerin zu verbreiten: „Ihre politische Einflussnahme auf die ethnische Gruppe der Deutschen könnte aus menschenrechtlichen Erwägungen vielleicht sogar strafbar sein, weil es verboten ist, den physischen oder psychischen Zustand einer ethnischen Gruppe zu manipulieren.“ (Vergleiche meine Pressemitteilung vom 15. Oktober 2013)

Berlin den 21. Januar 2014 H.-Eberhard Schultz

Artikel dazu in der Jungen Welt

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